Medizinrecht – Strafrecht

Eine Allgemeinärztin  aus Gießen wurde im November 2017 erstinstanzlich zur Zahlung von 6.000 € Geldstrafe verurteilt.

Sie hatte auf ihrer Webseite einen Link mit Informationen zu dem Thema gesetzt. Dort war über Risiken, Ablauf,etc. eines Abbruchs informiert worden.

Bereits 2005 war ein Verfahren gegen die Ärztin wegen Werbung für den Schwangerschaftsabbruch eingeleitet, jedoch später wieder eingestellt worden. Man unterstellte ihr einen sogenannten Verbotsirrtum, sie habe also nicht wissen können, dass ihr Verhalten strafbar sei. Aufgrund des damaligen Verfahrens konnte die Ärztin sich diesmal nicht darauf berufen, in Unkenntnis der Strafbarkeit gehandelt zu haben. Das Gesetz sehe nun mal vor, dass die Beratung der Schwangeren von entsprechenden Beratungsstellen – und nicht von den Ärzten – durchgeführt werde. Zutreffend ist, dass § 219a StGB das Anbieten eines Schwangerschaftsabbruch um des eigenen Vermögensvorteils willen verbietet.

Das Gericht wies – zutreffend – darauf hin, dass es nicht Aufgabe des Amtsgerichts sei, festzustellen, ob eine Norm noch „zeitgemäß“ sei. Auch für die beantragte Vorlage zum BVerfG sah das Gericht keinen Anlass, da es eine Verfassungswidrigkeit des § 219a StGB nicht festzustellen vermochte. Konsequenterweise vermochte die von der Verteidigung angeregte „verfassungskonforme Auslegung der Norm“ das Gericht nicht von seiner Überzeugung abzubringen. Die Verteidigung hatte argumentiert, dass die Ärztin bloß sachlich informiert habe. § 219a StGB sei dahingehend auszulegen, dass er ein sachliches Informationsangebot zum Thema „Schwangerschaftsabbruch“ nicht unter Strafe stelle.

Für eine derartige Argumentation scheint auch wenig Raum. Das BVerfGE hatte 1975 und erneut 1993 bestätigt, dass das ungeborene Leben des staatlichen Schutzes auch durch Mittel des Strafrechts bedürfe. Da es beim Schwangerschaftsabbruch nach Ansicht der BVerfG um das Recht auf Leben geht, erscheint es nur konsequent auch die Werbung um des eigenen Profits willen unter Strafe zu stellen.

Der Fall hatte in den vergangenen Wochen eine Debatte über das Abtreibungsrecht und insbesondere den Paragraphen 219a ausgelöst. Gegner des Paragrafen argumentieren, er behindere das Anrecht von Frauen, sich sachlich über die Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruchs zu informieren. Die Gegenseite argumentiert, die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche impliziere, dass es sich um etwas Normales und gesellschaftlich Akzeptiertes handele. Während SPD, Grüne und Linke den Paragraphen abschaffen wollen möchte die CDU es bei der geltenden Rechtslage belassen.

Die Demos die anlässlich der anstehenden Verhandlung vor dem hiesigen Gericht stattfanden zeigen jedenfalls, dass die Gesellschaft in der „Abtreibungsfrage“ sehr gespalten ist. Das Thema bietet sich aber auch zu sehr für Glaubenskämpfe an: Selbstbestimmungsrecht ./. Recht auf Leben.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Björn Weil; Gießen

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