Medizinrecht – Haftung bei Zahnersatz

Vertragliche Grundlagen

Beim Vertrag zwischen Zahnarzt und Patient handelt es sich unabhängig von der Frage, ob Sie Kassen – oder Privatpatient sind um einen Dienstvertrag im Sinne der §§ 611ff. BGB.  Dies gilt auch soweit  Verträge über Zahnextraktionen, Zystenoperationen, Zahnreimplantationen, Kieferbruchbehandlungen, die Einpassung von Zahnkronen und die zahnprothetische Versorgung betroffen sind. Im Gegensatz zum – ebenfalls in Betracht kommenden – Werkvertrag schuldet der Behandler hier also nicht den Erfolg der Behandlung sondern eine Behandlung gemäß dem Facharztstandard. Der „Facharztstandard“ ist schwierig zu definieren. Soweit von den entsprechenden Fachgesellschaften Leitlinien veröffentlicht wurden, kann auf diese zurück gegriffen werden. Ein Verstoß ist aber stets im Einzelfall festzustellen, da neben den ärztlichen Leitlinien noch eine Reihe weiterer Aspekte zu beachten ist.

Zwischen dem Dentallabor und dem Patienten besteht hingegen kein direkter Vertrag. Das Dentallabor wird als „Subunternehmer“ des Zahnarztes tätig, so dass der Zahnarzt auch für Fehler durch das Labor gegenüber dem Patienten haftet. Bei gesetzlich Krankenversicherten muss der Zahnarzt allerdings zwei Jahre Gewährleistung übernehmen.

Gewährleistungsrecht unterliegt der Verjährung

Im Eigen- oder Fremdlabor hergestellter Zahnersatz unterliegt dem Werkvertragsrecht und dem dazu gehörigen  Gewährleistungsrecht (§§  633 ff. BGB). Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Der Werkvertrag ist erfolgsbezogen, d.h. es wird im Unterschied zu einem Dienstvertrag – hier: dem Behandlungsvertrag – ein konkreter Erfolg geschuldet. Der Unternehmer muss dem Besteller das Werk insbesondere frei von Sachmängeln beschaffen. Liegt ein Mangel vor, so kann der Patient Gewährleistungsrechte geltend machen. Bei der Herstellung von Zahnersatz besteht die Besonderheit, dass der Patient als Besteller in der Regel nicht dem Hersteller  des Zahnersatzes sondern nur dem Zahnarzt direkt einen Vertrag abschließt.

Für gesetzlich Krankenversicherte bestimmt daher § 136a Abs.4 SGB V, dass der Zahnarzt eine zweijährige Gewähr für die Versorgung mit Zahnersatz übernimmt.

„Der Zahnarzt übernimmt für Füllungen und die Versorgung mit Zahnersatz eine zweijährige Gewähr. Identische und Teilwiederholungen von Füllungen sowie die Erneuerung und Wiederherstellung von Zahnersatz einschließlich Zahnkronen sind in diesem Zeitraum vom Zahnarzt kostenfrei vorzunehmen.“

Die werkvertraglichen Mängelrechte  – Nacherfüllung, Rücktritt, Schadens- und Aufwendungsersatz –  können wirksam nur zeitlich begrenzt ausgeübt werden, da sie der Verjährung unterliegen:

  • die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich  zwei Jahre,§ 634 a I Nr. 1 BGB
  • wir der Mangel arglistig (d.h. absichtlich )verschwiegen, so beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre, § 634 a III Satz 1 i. V. m. § 195 BGB.

Die Verjährungsfrist beginnt mit der Abnahme (§ 640 BGB).  Als Zeitpunkt der Abnahme wird hier auf die  – endgültige – Eingliederung des Zahnersatzes abgestellt.

Im Bedarfsfall können Sie zur Feststellung etwaiger Mängel ein Gutachterverfahren über Ihre Krankenkasse veranlassen. Beachten Sie bitte, dass die Einleitung eines Gutachterverfahrens den Ablauf der Verjährngsfrist nicht hemmt.

Fehlerhafte Behandlung?

Von möglichen werkvertraglichen Gewährleistungsansprüchen zu unterscheiden sind Ansprüche des Patienten, die sich aus einer fehlerhaften Behandlung (Verletzung des Behandlungsvertrages) ergeben können. Anders als im Werkvertragsrecht ist beim Dienstleistungsvertrag zwischen Zahnarzt und Patient  nicht auf die Erfolgsbezogenheit der erbrachten Leistung abzustellen, da der Zahnarzt eine dem zahnmedizinischen Standard entsprechende Behandlung schuldet.

Wird die Leistung nicht dem zahnmedizinischen Standard entsprechend erbracht, liegt in der Regel ein Behandlungsfehler vor. Danach können dem gesetzlich krankenversicherten Patienten

  • vertragliche Schadenersatzansprüche (§§ 280m249ff BGB),
  • deliktische Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld (§§ 823, 249ff. BGB)
  • das Rücktrittsrecht (§§ 323 I, 346 I BGB).

zustehen.

Dabei ist zu beachten, dass die Ansprüch der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren (§ 195 BGB) unterliegen.

Im Einzelfall ist jedoch der Beginn der Verjährungsfrist zu ermitteln. Insoweit kommen folgende Zeitpunkte in Betracht:

  • Entstehung des Anspruchs,
  •  Eintritt des Schadens,
  • die Kenntnis von der Person des Schädigers,
  • die Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen und
  • die Kenntnis vom Schaden abstellen.

Dabei kann der Lauf der Verjährungsfrist unter bestimmten Voraussetzungen gehemmt sein (§§ 203 ff. BGB) oder die Verjährung erneut beginnen (§§ 212, 213 BGB).
Mitgeteilt von: Rechtsanwalt Björn Weil, Fachanwalt für Medizinrecht in Gießen

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