Grundsätzliches: Die außerklinische Intensivpflege richtet sich an Schwerstkranke, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit täglich und zu unvorhersehbaren Zeiten  gesundheitliche Zustände  auftreten können, die mit einer Lebensgefahr einhergehen. Insoweit besteht ein permanenter Bedarf an Interventionsbereitschaft.

Diese wird durch eine Pflegefachkraft im Rahmen der medizinischen Behandlungspflege gewährleistet. Die Verordnungsfähigkeit der außerklinischen Intensivpflege wurde bisher durch die HKP – Richtlinie (Häusliche Krankenpflege) konkretisiert.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Intensivpflege  aber nunmehr allein noch aufgrund der AKI Richtlinie (Außerklinische Intensivpflege) verordnungsfähig sein. Der entsprechende Passus in der HKP Richtlinie wird ab dem 30.10.2023  gestrichen.

 

 

Im Juli 2020 wurde das Intensivpflege und Rehabilitationsstärkungsgesetz (kurz GKV-IPReG)  verabschiedet und trat zum 29.10.2020 in Kraft. Die Voraussetzungen unter denen die außerklinische Intensivpflege  verordnet werden darf, beruht seitdem auf einer  neuen rechtlichen Grundlage, namentlich § 37c SGB V.

Die Verordnung darf nur durch einen  Vertragsarzt erfolgen, der besonders für die Versorgung des Versicherten qualifiziert ist, § 37 Abs.1 S.2 SGB V. So benötigen etwa Hausärzte  einer Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung, wenn sie außerklinische Intensivpflege verordnen wollen. Bei der Antragstellung müssen sie bestätigen, dass sie über Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten verfügen oder sich diese innerhalb von sechs Monaten aneignen.

Verordnungen der medizinischen Behandlungspflege betreffend die Beatmung von Patienten die den Zeitraum nach dem 30.10.2023, dürfen nur noch einer sogenannten Potentialerhebung erfolgen (§ 37c Abs.1 S.4 SGB V). Dabei wird geprüft, ob eine vollständige Entwöhnung der Patientinnen und Patienten oder ihre Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung bzw. die Entfernung der Trachealkanüle möglich ist.

Für den Fall, dass eine Erhebung wegen der Nichtverfügbarkeit potenzialerhebender Ärztinnen und Ärzte im Einzelfall nicht durchgeführt werden kann, hat der Verordner darauf hinzuwirken, dass die unterbliebene Potenzialerhebung in naher Zukunft, spätestens jedoch bis zum 31. Dezember 2024 nachgeholt wird. Insoweit hat der G-BA von seinen Kompetenzen Gebrauch gemacht und aufgrund der bisher nur geringen Anzahl entsprechend qualifizierter Ärzte den Kreis der berechtigten Vertragsärzte jedenfalls noch bis Ende 2024 ausgeweitet. Im Hinblick auf die bis dahin zu erwartende Bedarfsspitze wäre die Versorgungssicherheit in medizinischer Hinsicht anderenfalls nicht mehr gewährleistet gewesen.

Die  befristete Soll-Regelung des G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss) ) bewirkt lediglich eine Streckung des Zeitrahmens der Inanspruchnahme. Nicht jedoch eine Aussetzung des Anspruchs des Versicherten auf Potenzialerhebung. Sofern dem Verordner Anhaltspunkte für ein hohes Entwöhnungspotenzial einzelner betroffener Versicherter vorliegen, ist für diese Versicherten in Bezug auf die zeitliche Dringlichkeit bevorzugt eine Überweisung zur Potenzialerhebung auszustellen.

Im Krankenhaus kann die außerklinische Intensivpflege im Rahmen des Entlassmanagements für einen Zeitraum von bis zu sieben Kalendertagen verordnet werden. Dies gilt für alle Fälle der Außerklinischen Intensivpflege, § 10 Abs.1 AKI Richtlinie. Bei Patientinnen oder Patienten, die beatmet werden oder eine Trachealkanüle haben, muss bereits im Krankenhaus geprüft werden, ob das Potenzial für eine Entwöhnung beziehungsweise die Entfernung der Kanüle besteht; § 10 Abs.3 AKI RL.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung mit der Umsetzung der Richtlinie betraut wurde und regelmäßige Auswertungen sowohl im Hinblick auf den einzelnen Patienten (jährliche Prüfung der Erforderlichkeit der AKI) sowie nach vier Jahren ab Inkrafttreten der Richtlinie eine Evaluation vornehmen soll.

 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, Björn Weil, Gießen

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