Medizinrecht / Arzneimittelrecht / Dispensierrecht

Bereits seit dem sogenannten „Edikt von Salerno“ durch den Staufenkaiser Friedrich II aus dem Jahre 1231 sind die Berufe des Arztes und des Apothekers strikt zu trennen. Adressaten des Edikts waren schon damals ganz primär die Humanmediziner. Dem Tierarzt hingegen ist bis heute die Führung einer Hausapotheke nach vorheriger Anzeige beim zuständigen Veterinäramt (§ 67 AMG) erlaubt. Das Veterinäramt kontrolliert die Hausapotheke ungefähr alle zwei Jahre (§ 13 Abs.4 TÄHAV – Tierärztliche Hausapothekenverordnung). Die TÄHAV fordert geeignete Betriebsräume und stellt weitere Anforderungen an den Betrieb der tierärztlichen Hausapotheke. Die weiteren Bestimmungen beschäftigen sich mit Hygiene  und Dokumentation der Arzneimittelabgabe.

Im Bereich der Humanmedizin gilt  § 43 Abs.1 AMG. Nach der Vorschrift dürfen Arzneimittel gewerbsmäßig nur durch Apotheken an den Endverbraucher abgegeben werden. Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass der Endverbraucher insoweit einer Beratung bedarf und der Einzelhandel nicht den notwendigen gesundheitlichen Schutz der Bevölkerung vor Tablettensucht oder Medikamentenmissbrauch zu gewährleisten vermag. Die §§ 44 und 45 AMG erlauben Ausnahmen für Medikamente die nicht der Beseitigung oder Linderung von Krankheiten dienen.  Durch das Apothekenmonopol sollen Sicherheit und Qualität der Arzneimittelversorgung gewährleistet werden.

Eine Ausnahme von diesem Monopol macht § 43 Abs.4 AMG für Tierärzte. Die Vorschrift räumt Tierärzten das „Dispensierrecht“ ein. Wie bereits ausgeführt,  dürfen Tierärzte eine Hausapotheke führen und die Medikamente auch an den Tierhalter (und nur an diesen) abgegeben. Das Dispensierrecht unterliegt einigen Einschränkungen. Insbesondere muss der Tierarzt die Tiere für die das Arzneimittel bestimmt ist zuvor behandelt haben und dem Anwender schriftliche Hinweise zur Anwendung übergeben (§ 43 Abs.3 S.2 AMG).

Die weiteren Voraussetzungen für eine rechtmäßige Abgabe oder Verschreibung von Tierarzneimittel sind in § 56a AMG geregelt. Im Wesentlichen ist zu beachten, dass das Arzneimittel für das Anwendungsgebiet auf dem es angewendet werden soll zugelassen ist und dass die abgegebene Menge nach dem Stand der tierärztlichen Wissenschaft gerechtfertigt ist.

Soweit Antibiotika betroffen sind die für Tiere zur Lebensmittelgewinnung abgegeben werden, ist insbesondere noch § 56a Abs.1 S.1 Nr. 5 b) AMG dürfen diese für maximal 7 Tage an den Tierhalter abgegeben werden. Handelt es sich nicht um Antibiotika, sondern um andere Arzneimittel, so dürfen diese im Voraus für 31 Tage abgegeben werden, § 56a Abs.1 S.1 Nr. 5 a) AMG. Danach ist nach dem gesetzgeberischen Willen eine neue Diagnose der Tiere erforderlich um zu prüfen, ob die Abgabe von Antibiotika weiterhin erforderlich ist. Aufgrund der zunehmenden Gefährdung der öffentlichen Gesundheit durch Antibiotikaresistenzen und der Annahme, dass diese Resistenzen zwischen Mensch und Tier übertragbar sind, werden an die Abgabe von antibakteriell wirkenden Substanzen strengere Anforderungen als an andere Arzneimittel gestellt. Da das Thema recht komplex ist, wird dieser Angelegenheit ein eigener Artikel zuteil.

Mitgeteilt von: Rechtsanwalt Björn Weil, Gießen; Fachanwalt Medizinrecht

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