Inhalt im Überblick:
- Behinderung im Sozialrecht
- Grad der Behinderung
- Wie wird der GdB ermittelt ?
- Praktische Vorteile
- Rechtsmittel
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Was ist überhaupt eine Behinderung im Sozialrecht ?
Um uns dem Thema zu nähern fangen wir mal ganz vorne an. Namentlich zitieren wir „ 2 SGB IX. Danach gilt:
„Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.“
Dem lässt sich bereits entnehmen, dass eine Behinderung im Sinne des Sozialrecht nicht nur dann vorliegt, wenn der/die Betroffene tatsächlich sichtbare Beeinträchtigungen hat, sondern etwa auch chronische Erkrankungen erfasst sein können. Darüber ist ausdrücklich festgehalten, dass auch psychische Probleme dazu führen können, dass ein Mensch im Sozialrecht als „behindert“ gilt.
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Was ist nun der „Grad der Behinderung“ ?
Durch den Gdb (Grad der Behinderung) werden die durch ein Gebrechen – sei es nun eine Krankheit oder eine Behinderung im engeren Sinne – verursachten Beeinträchtigungen in einer Gesamtschau einer Bewertung zugeführt. Maßstab sind dabei die „umweltbedingten Barrieren“ und die „Gleichberechtigung des Behinderten“. Die ermittelte Zahl soll zum Ausdruck bringen in welchem Ausmaß der/die Betroffene im Alltag durch seine Leiden beeinträchtigt ist. Der GdB kann dabei Werte zwischen 0 und 100 annehmen. Abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch handelt es sich dabei eigentlich nicht um „Prozente“: Auch wenn die Parallele naheliegt.
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Wie wird der GdB ermittelt
Der Grad der Behinderung wird auf Antrag beim zuständigen Versorgungsamt durch ärztliche Gutachter festgelegt. In der Regel liegt nicht nur ein Gebrechen im Sinne der „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“ vor. Die „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“ machen dem Gutachter Vorgaben, wie und in welchem Rahmen einzelne Schädigungen zu bewerten sind. Dabei verbleibt natürlich ein gewisser Ermessenspielraum des Gutachters. Denn für einzelne Behinderungen erfolgt oft keine strikte Vorgabe an den Gutachter. Vielmehr wird ein Rahmen gesteckt. So können in Abhängigkeit vom Grad der Beeinträchtigung für Muskelschwäche GdB von 20 bis 90 durch den Gutachter festgestellt werden.
Liegen mehrere Behinderungen vor, die jeweils mit einem GdB von 10 oder mehr bewertet, so werden die Einzelwerte nicht einfach addiert. Vielmehr wird ausgehend vom höchsten Einzelgrad ermittelt, wie die Wechselwirkungen untereinander sind und anschließen einem Gesamtwert zugeführt. Entscheidend ist wegen des Wortlauts des § 2 SGB IX die Auswirkungen die die Behinderungen auf den Einzelnen haben. Insoweit empfiehlt es sich auch bereits bei Stellung des Antrags beim Versorgungsamt die täglichen Auswirkungen der Behinderungen zu beschreiben.
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Praktische Vorteile eines festgestellten GdB
Praktisch bedeutsam ist zunächst, dass der GdB erst ab einem festgestelltem Wert von mindestens 20 zu rechtlichen Vorteilen führt.
Ausweislich § 33b EStG wird ab einem GdB von 20 ein finanzieller Nachteilsausgleich in Form eines zusätzlichen Steuerfreibetrags gewährt. Bei einem Grad der Behinderung von 20 beträgt der Pauschbetrag gegenwärtig (April 2022) 340 €, bei einem GdB von 50 bereits 1140 € und erreicht bei einem GdB von 100 den Maximalwert von 2840 €.
Das System des Nachteilsausgleichs ist im Weiteren einigermaßen komplex.
Ab einem GdB von 50 muss vor der Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch das Integrationsamt gehört werden und der schwerbehinderte Arbeitnehmer hat fünf Tage zusätzlichen Urlaub. Darüber hinaus kann und unter Umständen der Arbeitsplatz mittels Zuschüssen behindertengerecht ausgestattet werden. Es besteht auch die Möglichkeit, dass Schwerbehinderte ohne Abschläge früher in Rente gehen. Darüber hinaus hat der Betroffene auch Anspruch auf Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises. Insbesondere können Sie ohne Abschläge zwei Jahre früher in Rente gehen.
Durch sogenannte „Merkzeichen“ können Beeinträchtigungen in einem besonderen Funktionsbereich geltend gemacht werden. Dies können etwa „Blindheit“, „Gehörlosigkeit“ sein. Darüber hinaus auch „H“ wie Hilflosigkeit oder „G“ wenn der Betroffene sich im Straßenverkehr nicht mehr sicher bewegen kann. Die einzelnen Merkzeichen führen dann noch zu weiteren einzelnen Vergünstigungen für den Betroffenen. So führen diverse Merkzeichen zu einem Anspruch auf die Mitnahme einer Begleitperson im ÖPNV oder zur Ermäßigung der Kfz Steuer.
Ab einem GdB (Grad der Behinderung) von 30 kann ein „Antrag auf Gleichstellung“ gestellt werden. Gemeint ist die „Gleichstellung mit Schwerbehinderten“. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Gleichstellung nicht alle Nachteilsausgleiche einer vollen Schwerbehinderung (GdB von 50 oder mehr) erfasst. Sie erhalten beispielsweise keinen zusätzlichen Urlaub und dürfen Ihren Wagen nicht auf dem Behindertenparkplatz abstellen.
Allerdings haben Sie ebenso wie ein Schwerbehinderter Anspruch auf Anhörung des Integrationsamts vor einer Kündigung. Darüber hinaus kann das Arbeitsamt oder der Jobcenter Zuschüsse zum Lohn oder aber bei der behindertengerechten Ausstattung Ihres Arbeitsplatzes leisten.
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Rechtsmittel (Widerspruch / Klage)
Wird Ihr Antrag abgelehnt oder berücksichtigt er nicht in ausreichendem Maße die bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen kann zunächst innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Entscheidung Widerspruch eingelegt werden.
Hilft auch das nicht weiter, so kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des Widerspruchsbescheid Klage beim zuständigen Sozialgericht erhoben werden.